9. Juni 2022 / Aus aller Welt

«Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis»

Bier, Schnaps und Wein sollen nach Ansicht von Deutschlands Psychotherapeuten auf lizenzierte Geschäfte beschränkt werden. Mit Billigangeboten soll Schluss sein. In der Ampel stößt ihre Position auf Zustimmung.

Ein Mann raucht während einer Demonstrationen für eine zügige Legalisierung von Cannabis einen Joint mit Medizinalcannabis.

Deutschlands Psychotherapeuten fordern eine Verteuerung von Alkohol und eine Legalisierung von Cannabis.

Beides sollte zudem wie alle anderen legalen Rauschmittel nur noch in lizenzierten Geschäften abgegeben werden dürfen, so die Bundespsychotherapeutenkammer in einer veröffentlichten Stellungnahme. Unterstützung für ihren grundsätzlichen Kurs erhielten die Therapeuten aus der Ampelkoalition.

«Es braucht Verteuerung und besseren Jugendschutz»

«Ja, wir müssen als Gesellschaft über Alkoholprävention reden», sagte die Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann (Grüne) in Berlin. «Hochprozentiges ist derzeit für wenige Euro an jeder Supermarktkasse leicht zu greifen und zu kaufen.» Die Abgeordnete sagte: «Es braucht Verteuerung und besseren Jugendschutz.» Auch die Zeitungen der Funke Mediengruppe verbreiteten die Stellungnahme.

Die Kammer plädierte zugleich für ein Mindestalter von 18 Jahren für den Kauf aller legalen Drogen. Die Abgabe an Minderjährige müsse stärker als bislang sanktioniert werden.

«Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden», sagte Kammerpräsident Dietrich Munz. «Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt», so der Stuttgarter Psychotherapeut.

Für die Millionen Menschen, die regelmäßig Bier, Schnaps und Wein trinken, soll es nach Ansicht der Kammer neue Hürden geben. Die Psychotherapeuten fordern höhere Alkoholsteuern und einen Mindestpreis für Alkohol.

«Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis»

Bei der Beschränkung aller legalen Drogen auf Lizenz-Shops schwebt der Kammer eine «Abgabe durch Fachpersonal» vor, ausgebildet in Suchtprävention. Die Therapeuten beklagen, dass legale Drogen etwa in Supermärkten, Tankstellen, über Automaten oder Internet fast überall rund um die Uhr verfügbar seien. Künftig solle das Fachpersonal über die Wirkungen informieren und das Alter prüfen.

«Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis», stellt die Bundespsychotherapeutenkammer fest. So trinke fast jede und jeder Fünfte in Deutschland riskant viel davon. Alkohol könne tödlich sein. Cannabis gelte dagegen als moderat schädliche Droge.

Die Stellungnahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Koalition eine kontrollierte Cannabis-Freigabe vorbereitet. Im Mai hatte der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) den Start eines gründlichen Konsultationsprozess hierfür angekündigt.

Gleichzeitig treibt die gegenwärtige Inflation bereits die Preise nach oben, so gab es in den vergangenen Wochen mehrere Berichte über steigende Bierpreise. Beim ersten Oktoberfest in München nach der coronabedingten Zwangspause müssen Besucher demnach allein aus diesem Grund etwa in diesem Jahr für die Maß Bier rund 15 Prozent mehr bezahlen.

«Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden»

Die Psychotherapeutenkammer fordert für alle legalen Drogen das Verbot von Werbung. Generell sollte die Drogenpolitik nach Ansicht der Psychotherapeuten auf Regulierung und Prävention setzen - aber auch auf «aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen». Das sei der beste Schutz vor Missbrauch. Den Menschen verfügbar gemacht werden müssten viel mehr professionelle Angebote, fordert die Kammer, die rund 55.000 Psychotherapeutinnen und -therapeuten vertritt. Angeboten werden solle mehr Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen.

«Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden», so die Therapeuten. Cannabis sei nicht harmlos und berge insbesondere das Risiko von Psychosen. Doch der Gebrauch von Cannabis nehme trotz Verbot seit Jahrzehnten zu. Die bisherige Politik mit dem Ziel der Einschränkung von Cannabis-Gebrauch sei gescheitert. Der Gehalt des psychoaktiven Wirkstoffs THC solle aber auf höchstens 15 Prozent beschränkt werden, schlagen die Psychotherapeuten vor.


Bildnachweis: © Christoph Soeder/dpa
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Landesweiter Warntag am 9. März
Aktueller Hinweis

Sirenen und Cell-Broadcasting

weiterlesen...
Durch naturnahe Waldbewirtschaftung zum Dauerwald
Wissenswertes

Arnsberg, Sundern und Warstein informieren über Zukunft des Waldes

weiterlesen...
Haftbefehl wegen Mordes nach Gewalttat in Bramsche
Aus aller Welt

Auf einer Geburtstagsfeier wird plötzlich eine junge Frau vermisst. Partygäste finden die 19-Jährige schwer verletzt auf einer Wiese. Sie stirbt. Ein Tatverdächtiger wird verhaftet.

weiterlesen...

Neueste Artikel

New Yorks Flatiron Building wird versteigert
Aus aller Welt

Mitten in Manhattan steht seit rund 120 Jahren ein Dreiecks-Gebäude, liebevoll Flatiron Building genannt. Jetzt soll das «Bügeleisen-Gebäude», das auch bei vielen Besuchern ganz oben auf der Liste steht, versteigert werden.

weiterlesen...
Gewalttat in Hattenhofen: Kein Motiv und viele Fragen
Aus aller Welt

Die Schüsse von Hattenhofen haben die kleine Gemeinde im Albvorland verängstigt. Ein FDP-Kreisrat wurde angeschossen, vom Schützen gibt es keine Spur. Gerätselt wird auch über das Motiv hinter der Tat.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

New Yorks Flatiron Building wird versteigert
Aus aller Welt

Mitten in Manhattan steht seit rund 120 Jahren ein Dreiecks-Gebäude, liebevoll Flatiron Building genannt. Jetzt soll das «Bügeleisen-Gebäude», das auch bei vielen Besuchern ganz oben auf der Liste steht, versteigert werden.

weiterlesen...
Gewalttat in Hattenhofen: Kein Motiv und viele Fragen
Aus aller Welt

Die Schüsse von Hattenhofen haben die kleine Gemeinde im Albvorland verängstigt. Ein FDP-Kreisrat wurde angeschossen, vom Schützen gibt es keine Spur. Gerätselt wird auch über das Motiv hinter der Tat.

weiterlesen...